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Samstag, 29. August 2015

Blunt Talk mit Patrick Stewart - lohnt sich das?


Einleitung. Es wird wohl noch eine gute Weile dauern, bis eine neue Star-Trek-Serie auf der Mattscheibe zu sehen sein wird und um diesen leidlich undefinierten Zeit zu überbrücken, bleibt dem gemeinen Star-Trek-Fans in Ermangelung an verfügbaren Science-Fiction-Serien kaum mehr etwas anderes, als den Hauptdarstellern früherer Tage auf ihren verwundenen Karrierewegen zu folgen und sich daran zu erfreuen, dass man  die Gesichter seiner Helden immerhin in anderen Rollen bewundern kann. So bieten sich Serien wie „Orange Is the New Black“ mit Kate Mulgrew, der mäßig erfolgreich in New Orleans ansässige Ableger von Navy CIS mit Scott Bakula oder „Game of Thrones“ mit Alexander Siddig immerhin noch als Reminiszenz an bessere Tage an.
Doch anstatt sich an dieser Stelle zum Start der neuen Patrick-Stewart-Serie „Blunt Talk“ mit einem Rundumblick auf den aktuellen Stand der Schauspiellaufbahn der bekanntesten Star-Trek-Veteranen  wie etwa bei Movie Pilot zu beginnen, wollen wir uns hier lieber der eigentlichen Materie widmen und einen Blick auf die Pilotfolge „Seem to Be Running Out of Dreams for Myself“ werfen.
Dass Stewart überhaupt auf dem Fernsehbildschirm zu sehen ist, hängt wohl in erster Linie mit dem Mit-Produzenten Seth MacFarlane zusammen, der nicht nur verwandt mit Denise Crosby und ein glühender Trekkie ist, sondern auch einen kurzen Gastauftritt in der bislang letzten TV-Serie „Enterprise“ absolvierte. 
Aber lohnt sich diese Kooperation auch wirklich? Wir haben mal einen Blick in den Pilotfilm geworfen, um diese Frage beantworten zu können...

MacFarlane (r.)
Seine eigene Serie „Family Guyglänzt immer wieder durch multiple Star-Trek-Bezüge und in deren Spin-Off „American Dad“ spricht Stewart sogar Avery Bullock, den Vorgesetzten des Hauptcharakters Stan Smith ein. Beide kennen sich ausgesprochen gut und es ist nicht abwegig davon auszugehen, dass das beiderseitige gut Einvernehmen maßgeblich zur Verwirklichung dieser Serie beitrug.


Story. Walter Blunt ist ein Veteran des Falkland-Krieges, der sich in seiner Zeit als aktiver Soldat der Wahrheit verpflichtete und sich aus diesem Grund dem Journalismus zuwendete. Mehr als dreißig Jahre später ist nur noch wenig vom damaligen Major übrig. Der in die Jahre gekommene Talk-Show-Master Walter Blunt kämpft stattdessen mit Alkoholproblemen, diversen Scheidungen, Drogenmissbrauch und mannigfaltigen psychischen Problemen. Nur in seiner Sendung „Blunt Talk“ mimt er den integren Saubermann, der seinen amerikanischen Gastgebern stets aufs Neue vor Augen hält, was an ihren Waffengesetzen, ihrer Todesstrafe oder ihrer Regierungspolitik falsch ist.
Nun aber steht seine eigene Sendung vor dem Aus, denn durch sein eigenes Verhalten hat sich Blunt ins gesellschaftliche Abseits manövriert. Während einer Autofahrt unter Drogeneinfluss gabelt er nämlich nicht nur die transsexuelle Prostituierte Gisele auf, sondern wird auch noch – unter den Augen einiger Paparazzi – von der Polizei erwischt. Nun muss er sein gesamtes Geschick darauf verwenden, seinen guten Ruf und seine Sendung zu retten...


Lobenswerte Aspekte. Die erste Episode von „Blunt Talk“ beginnt mit einer Ansicht, die viele Fernseh-Nostalgiker sicherlich schon lange vermisst haben:
Mit einem ungetrübten Blick auf Patrick Stewarts haupthaarfreien Hinterkopf. Und auch wenn der englische Ausnahmeschauspieler zweifelsohne älter geworden ist (ein Thema, dass die Pilotepisode als roter Faden begleitet), so stellt er unter Beweis, dass er nicht von seinen Fähigkeiten eingebüßt hat und wirft er sein gesamtes Talent in die Waagschale. Das passt nicht zuletzt deshalb so gut ins Konzept, weil sein schrulliger Charakter eine so große Bandbreite einfordert, dass man als Zuschauer am Gestik- und Mimikspiel Stewarts seine helle Freude hat.
Und Stichwort Gestik und Memes:
Es hat beinahe den Anschein, als wollten die Schreiber das berühmte Picard-Facepalm-Meme durch eine aktuellere Version ersetzen, denn so oft, wie man den Darsteller in dieser einen Folge seine Hand vor den Kopf schlagen sieht, konnte man es in 179 Episoden TNG nicht sehen. 


Was allerdings nicht bedeuten soll, dass es keine Querbezüge zu Stewarts bekanntester Serienrolle gibt: Bereits nach noch nicht einmal drei Minuten taucht Brent Spiner in einer Mini-Rolle auf und einige der Einstellungen wie die Eröffnungsszene in einer Bar mit Dixon-Hill-Holodeck-Flair und einem Alptraummoment, der stark an den Borg-Eingangsszene erinnerte, schlugen immer wieder Brücken für den übergangswilligen Trekkie.


Zudem bleibt es nicht aus, ständig an den berühmtesten englisch-stämmigen Late-Night-Host John Oliver zu denken, der seinen amerikanischen 'Vettern' – allerdings ohne die Skandale und Ausschweifungen Walter Blunts - mit seiner erfrischend anderen Perspektive immer wieder gleichermaßen schmerzhaft wie unterhaltsam vor Augen führt, was im 'Land der unbegrenzten Möglichkeiten' die Möglichkeiten seiner Bewohner begrenzt.
Wem solcherlei Sentimentalitäten nicht Grund genug bieten, die dreißig Minuten durchzuhalten, die eine solche Folge „Blunt Talk“ dauert, dem sei gesagt, dass schon allein der atemberaubende Cliffhanger am Ende der Premierenfolge einem vorzeitigen Ausstieg gekonnt den Riegel vorschiebt.


Kritikwürdige Aspekte. Das Projekt „Blunt Talk“ ist ambitioniert, denn die Produzenten der Serie versuchen nichts Geringeres als die Symbiose zwischen britischem Humor irgendwo zwischen Monty Python und Little Britain mit amerikanischem Humor irgendwo zwischen Family Guy und Late Night with Conan O'Brien.
Wer sich beim Lesen dieser Wort nun bereits besorgt die Stirn runzelt, tut dies nicht ganz zu Unrecht, denn der Funke dieses eigentümlichen Mixes will nicht so recht überspringen. Statt nämlich etwas völlig Eigenes und Neues zu erschaffen pendelt die Serie in einem andauernden Balance-Akt zwischen beiden Polen und verliert sich in einem Plot, der schon beim Skandal um Stewarts Landsmann Hugh Grant und Devine Brown bestenfalls mäßiges Erzählpotential bot.
Es bleibt vor allem das ständige Gefühl eines beständigen Déjà Vues, einer unablässigen Wiederholung und des Aufwärmens der Reste des Vortages (z.B. bei den eigentlich gut gemeinten Star-Trek Anleihen), die den Zuschauer trotz des Cliffhangers mit gemischten Gefühlen zurücklassen. 


Fazit. Patrick Stewart ist zurück auf dem Fernsehbildschirm und schon das allein macht die Serie sehenswert. Ob sich die Serie allerdings mehr Gründe als den Hauptdarsteller bietet, ihr dauerhaft zu folgen bleibt abzuwarten. Zweifelsohne ist ein gewisses Potential zu erkennen, doch es bleibt abzuwarten, ob der Serie im Verlauf weiterer Folgen sein ambitionierten Spagat zwischen zwei Humorwelten gelingen wird (vergleiche Zitat #3).



Denkwürdige Zitate.

Are you a lady of the night? A courtisan?
Walter Blunt

Let's just Say I got an nine inch clit. Does that bother you?
No! I'm english!
Gisele & Blunt

Please don't quit on me. Not yet.
Blunt

I feel my life slipping away from me like a cat that doesn't want to be held.
Blunt

"I am no lion in his winter! I am an eagle in the spring! Yes, a bald eagle, if you like!
Blunt


Bewertung. Erste Schritte in eine neue Zeit.



Mittwoch, 8. Oktober 2014

Turons Senf zu Mark Altmans Forderungen, Star Trek ins nächste Marvel-Universum zu verwandeln

Für alle, die gerade die sperrige Überschrift gelesen haben und sich nunmehr frei nach Michail Sostschenkos "Die Kuh im Propeller" denken "Sie, Genosse, müssen etwas volkstümlicher sprechen, dass Sie die Masse auch versteht!", sollte ich an dieser Stelle vielleicht einige Wort der Erklärung abliefern.

Am 7. Oktober 2014 veröffentlichte das Internetportal IO9 unter dem Titel "How To Turn Star Trek Into the Next Marvel Universe" (meine bescheidene Übersetzung "Wie man aus Star Trek das nächste Marvel-Universum macht") einen Essay aus der Feder Mark A. Altmans.

Nun ist Altman trotz der Fragezeichen auf der Stirn des ein oder anderen Lesers nicht irgendein Wirrkopf, der irgendwelche unwichtigen Sachen ins Internet stellt, sondern ein namhafter Star-Trek-Experte, der nicht nur einige Star-Trek-Comicbücher verfasst hat, sondern auch ein paar hinlänglich bekannte Werke der Sekundärliteratur dieser Franchise wie etwa das "Captain's [sic!] Logbuch", "The Next Generation: Der Blick hinter die Kulissen" oder das "Deep Space Logbuch" (mit-)veröffentlichte, die in kaum einem Sammlerzimmer der Neunziger oder einem Second-Hand-Buchladen unserer Tage fehlen dürfen. Darüber hinaus war er der (Mit-)Produzent und (Mit-)Drehbuchautor der Fandom-Komödie "Free Enterprise", für die der Kirk-Darsteller William Shatner höchstpersönlich gewonnen werden konnte. Und als ob das noch nicht genug wäre, war er 2000 im Zuge der Ankündigungen des Serienstarts von "Enterprise" bereits einer der wenigen, die vor einer allgemeinen Star-Trek-Übersättigung warnten und eine Ruheperiode einforderten, um das Faninteresse wieder neu zu entfachen. Die Kombination aus seiner Expertise und das Bewusstsein, dass seine Ansichten bereits zuvor als Kassandrarufe im Wind verhallten, lässt seinen Worten also ein gewisses Gewicht zukommen.


So verwundert es sicherlich kaum weiter, dass Altman sich in seinem Artikel als eine Art Heilsbringer für die in Stagnation begriffenen Franchise positioniert, in dem er einen Maßnahmenkatalog vorstellt, um die das längst vergangene Goldene Zeitalter Star Treks in den Neunzigern kurz vor dem fünfzigsten Jubiläum wenigstens partiell wieder auferstehen zu lassen. Seine Vorschläge sind dabei keineswegs neu, sondern eher das, was man vom Autor des "Captain's [sic!] Logbuch" erwarten kann: Eine gut recherchierte Zusammenstellungen von Wortmeldungen, die es zuhauf in Star-Trek- und Science-Fiction-Foren hierzulande und jenseits des großen Teiches gibt. 
So liegt es in der Natur der Sache, dass einige der geäußerten Hinweise tatsächlich nicht einer gewissen Grundlage entbehren.

Die beste Idee in Altmans zusammengestückelter To-Do-Liste ist vielleicht die Einführung eines engagierten Supervisors für sämtliche Star-Trek-Produktionen, der sich insbesondere darum kümmert, dass die immer weiter ausufernde Franchise ihrem längst zu einer unübersichtlichen Größe angewachsenen Kanon treu bleibt. Verglichen mit Marvel steht Star Trek dem Informationsgehalt der vielen Comics durch seine sechs Serien und bislang zwölf Kinofilme in nichts nach und auch wenn J.J. Abrams die neuen Abenteuer der Enterprise-Crew in eine alternative Realität verlegt hat, tapst er doch immer wieder in diverse Fettnäpfchen, die sich durch einen gut informierten Experten hätten verhindern lassen können.

Die zweite zentrale Forderung nach der längst überfälligen Rückkehr Star Treks auf die Fernsehleinwand ist ja bekanntlich so alt wie die Absetzung von "Enterprise" selbst und es bedarf wohl keiner weiteren Erläuterungen dieses Allgemeinplatzes. Anhand dieses Punktes wird spätestens deutlich, dass Altman inhaltlich kaum mehr als ausformulierten Fanservice bietet, in dem er olle Kamellen wie die Ausweitung der Blu-Ray-Digitalisierung auf "Deep Space Nine" oder die Verwirklichung einer Trickfilmserie bzw. verschiedener Tie-In-Filme (egal ob für Videos, DVDs oder Streamingmedien) aufwärmt.

Schließlich lässt er sich zu einer würdelosen Lobhudelei auf J.J. Abrams und seine Schreiberlinge herab und lobt die Arbeit der Reboot-Hauptverantwortlichen in den Klee, wobei er die Fraktion anders denkender Star-Trek-Fans als ewig gestrige Minderheit abstempelt. 

Das alles wäre aber nicht die Aufregung wert, wenn Altman das Ganze nicht unbedingt mit der Forderung überschrieben hätte, Star Trek in die Fußstapfen des Comicfilmgiganten Marvel folgen zu lassen.
Auch wenn ich den Superheldenverfilmungen noch nicht einmal ablehnend gegenüberstehe, muss ich an dieser Stelle doch mal das Wort ergreifen:



Natürlich ist es schön, die Auferstehung der Helden aus Kindertagen auf der Kinoleinwand miterleben zu können, doch der schier unaufhaltsame Boom von Comicverfilmungen in den letzten fünfzehn Jahren hat einige Begleiterscheinungen heraufbeschworen, von denen ich persönlich Star Trek lieber verschont wissen wollen würde.

Star Trek hat schon immer dann geglänzt, wenn es durch ansprechende Drehbücher mit deutlichem Science-Fiction-Bezug  getragen wurde. Zumeist war dies auf die einzelnen Serien beschränkt, aber einigen Filmen wie "Das unentdeckte Land", "Der Erste Kontakt" oder "Der Aufstand" gelang der schwierige Spagat zwischen Kunst und Kommerz. Der gewöhnliche Star-Trek-Fan, durch mehr als siebenhundert Folgen an Anspruch und Niveau gewöhnt, will eben kein Popcorn-Kino, dem ausgedehnte Explosionen wichtiger sind als die überschaubare Handlung.

Und wo wir gerade beim Thema sind: Wer sich heutzutage eine Marvel-Umsetzung auf der Kinoleinwand ansieht, wird schon nach kurzer Zeit von einer CGI-Überdosis – zumeist in 3D - übermannt. Dieser Goldene Schuss rührt daher, dass Kino immer mehr eine Erfahrung für das Auge und immer weniger für das Hirn geworden ist, wobei die einzelnen Effekte allesamt den gleichen Standards genügen und daher rasch austauschbar wirken. Die hohe optische Ähnlichkeiten unter den einzelnen Superheldenstreifen führt so hin und wieder zu Ermüdungserscheinungen.

Und wenn es mal zu einer Handlung kommt, so trifft man besonders häufig auf Prequels (vgl. z.B. "X-Men Origins: Wolverine", "X-Men: First Class", "Days of the Future Past" u.a.) und ausgedehnten Entstehungsgeschichten (vgl. z.B. "Hulk", "The Incredible Hulk", "Thor" u.a.). Die wahre Herausforderung, Geschichten im direkten Anschluss zu erzählen, funktioniert vergleichsweise mäßig (vgl. "Iron Man II", "X2", "Fantastic Four: Rise of the Silver Surfer" u.a.) und zuweilen lässt man derartige Bemühungen schlichtweg aus, und beginnt eine gerade erst frisch inszenierte Superheldenreihe einfach nochmal von vorn (vgl. z.B. "Spider Man" und "The Amazing Spider Man").

Das alles hat dabei einen stolzen Preis, ohne dass die Verantwortlichen vorher abschätzen können, ob die bereitgestellten Budgets sich auf längere Zeit an der Kinokasse wieder einspielen. Bei einem Kassenflop hängt schnell die Existenz ganzer Produktionsfirmen am seidenen Faden, wie bereits 1966 Fox' "Cleopatra" unter Beweis stellen konnte. Die gesamte Realisierung derartiger Blockbuster ist bei objektiver Betrachtung ein finanzielles Vabanquespiele mit Geldmitteln, die dem Jahreshaushalt mancher Staaten entsprechen würde. So betrug der Finanzpool der drei Iron-Man-Verfilmungen  mehr als der Jahreshaushalt Sierre Leones (540 vs. 510 Mio. Dollar) mit dem Geld, dass in Avengers ausgegeben wurde könnte man fast den Etat des Karibikstaates Antigua und Barbuda decken (240 vs. 230Mio. Dollar  und mit einem durchschnittlichen Investitionsolumen von etwa 170 Millionen Dollar pro Comic-Verfilmung könnte man bereits für ein Jahr die Ausgaben der Komoren begleichen (166 Mio. Dollar).

Doch lohnt es sich ernsthaft, sich darüber aufzuregen?
All das hat Star Trek nämlich längst erreicht. Die Kinofilme mit den Nummern elf und zwölf waren ein inhaltsarmes Popcorn-Kino, in dem nicht nur die Vorgeschichte der altbekannten Enterprise-Crew inszeniert wird, sondern auch CGIs und Lensflares einander häufiger abwechseln als sinnige Dialoge. Gekostet hat dieser Spaß einmal 150 und ein anderes Mal 185 Millionen Dollar, was zusammen mehr ist, als etwa der Vatikan pro Jahr an Finanzmitteln zur Verfügung hat.
Es ist doch reichlich offensichtlich, dass die Realität des Marvel-Film-Universums Star Trek längst eingeholt hat und die Franchise für Paramount längst das geworden ist, was Marvel für andere Produktionsfirmen ist.
Nur Mark Altman hat davon noch nicht allzu viel mitbekommen. Sein Artikel kommt in diesem Sinne einem Marvel-Film auffallend nahe: Ohne allzu viel Inhalt verlegt er sich auf den Effekt, den seine längst nicht mehr allzu originellen Forderungen verursachen.

Doch warum hat Altman dann überhaupt diesen Essay verfasst?
Die Antwort liegt versteckt in der Vorstellung des Autoren, die sich dem Text auf unscheinbare Art und Weise anschließt. Altman wird nächstes Jahr pünktlich zum fünfzigsten Star-Trek-Jubiläum ein weiteres Buch herausbringen, das den Titel "Fifty Years of Star Trek: From 'The Cage' to Today" tragen wird. Da muss man natürlich im Vorfeld ordentlich die Werbetrommel rühren, Präsenz im Internet zeigen und jeden daran erinnern, dass man bereits anno dazumal den richtigen Riecher bewiesen hat.

Altman ist also keineswegs ein allwissender Heilsbringer, Marvel kein geeignetes Vorbild für Star Trek und die allgemeine Kino-Evolution hat Altmans Forderungen ohnehin längst überholt. Es ist ein mäßig geschickter PR-Stunt, den man nicht auch noch dadurch belohnen sollte, sein anstehendes Buch zu erwerben, das ohnehin voller Informationen sein wird, die das Internet bereits jetzt schon bietet (vgl. die aufgeführten Argumente des Essays). 
So oder so ist jeder Trailer für den nächsten Avengers-Teil eine bessere Nutzung von Zeit als die Lektüre von "How to Turn Star Trek into the Next Marvel Movie Universe"...

Hat wirklich überhaupt nichts mit Star Trek am Hut: Thor

Mittwoch, 24. September 2014

Turons Senf zum Mindestalter für Science Fiction

Die Online-Ausgabe der britischen Tageszeitung Daily Mirror ruft seine Leser seit vorgestern zu einer Umfrage der ganz besonderen Art auf:



Nach der vorletzten Doctor-Who-Episode "Listen", in der es um mysteriöse Wesen ging, die nachts unter den Betten unschuldiger Kinder ihr gruseliges Unwesen treiben und die kleinen Racker im Falle eines unvorsichtigen Aufstehens auch schon einmal beherzt an die Waden greifen, fragen sich die Untertanen der Queen, ob Doctor Who überhaupt für Zuschauer im Kindesalter geeignet sei.



Dazu sollte man an dieser Stelle vielleicht das ein oder andere Wort der Erklärung verlieren. Die britische Kultserie wurde erstmals 1963 ausgestrahlt und richtete sich in erster Linie an Kinder und Jugendliche und die schwarzweiße Premierenfolge mit einer Dauer von fünfundzwanzig Minuten wurde daher um 17.15Uhr im Vorabendprogramm der BBC auf der Insel ausgestrahlt – zu einer Zeit also, in der uns hierzulande schonmal das Sandmännchen beim Herumzappen erscheinen kann.


Seitdem hat sich eine Menge verändert. Im Zuge sinkendem Zuschauerinteresse wurde die Serie nach 700 Folgen, sechsundzwanzig Staffeln und sieben Inkarnationen des Doktors im Jahre 1989 sang- und klanglos eingestellt. Abgesehen von einem wenig populären Filmversuch im Jahre 1996 blieb es lange Zeit viel zu still um die traditionsreiche Science-Fiction-Serie.


Weil so eine Zeit der Abstinenz die Nachfrage erhöht und die eigensinnigen Briten 'ihren Doktor' in der Zwischenzeit endgültig als festen Bestandteil ihres kulturellen Kanons verinnerlicht hatten, kam es im Jahre 2005 endlich zu einer längst überfälligen Neuauflage der Serie.
Aber längst war nichts mehr so wie es einmal war.
Eine neue Autorengeneration verlieh der Hauptfigur eine neue Tiefe, der Sendeplatz war mittlerweile auf 19Uhr emporevolutioniert und eine Folge dauerte mindestens fünfundvierzig Minuten.
Der Reboot war sofort ein durchschlagender Erfolg, der nicht nur im Vereinigten Königreich, sondern auch in den USA (wie man etwa bei der Big Bang Theory zuweilen hören kann), und selbst hierzulande immer mehr Fans dazugewann (wie man etwa an den Kostümen diverser FedCons erkennen kann). Vor allem weibliche Fernsehzuschauer waren von attraktiven späteren Doktorengesichtern wie dem David Tennants oder Matt Smiths heillos in den Bann geschlagen.



Daran aber, dass sich die Serie mittlerweile zur führenden Science-Fiction-Serie weltweit heraufgeschwungen hat, trägt nicht allein der Umstand bei, dass es kaum mehr ernstzunehmende Konkurrenz gibt, sondern auch, dass den Produzenten die heikle Symbiose von Zeitreise-Geschichten und Horrorelementen geglückt ist.

Insofern wirkt die Aufregung, wie sie der "Daily Mirror" mit seinem Umfrageartikel zu erzeugen versucht, doch arg gekünstelt und in ihrer Form lächerlich deutlich an Helen Lovejoys Catchphrase aus den Simpsons angelehnt.



Denn bereits mit der neunten Reboot-Folge "The Empty Child" wurde die Tradition der Sci-Fi-Horror-Serie begründet, als eine untote Kinderleiche, deren Gesicht mit einer Gasmaske verschmolzen ist, über eine Doppelepisode hinweg seine eigene Teenie-Mama stalkte.



Einige Staffeln später zementierte man die unheilige Allianz aus Angst und Faszination mit einer denkwürdigen Folge namens "Blink" um menschenjagende Engelsstatuetten, die ahnungslosen Passanten nach dem Leben trachten, die nicht unablässig und ohne zu blinzeln in ihre Richtung starren.



Keinen Deut besser kam schließlich "Silence in the Library" daher, in der der Doktor und seine Redshirt-Gefährten nicht nur durch eine überdimensionierte Bibliothek bei Nacht schleichen müssen, sondern auch von mehr als nur hühnchenfleischfressenden Schatten verfolgt werden.



So gab es in jeder Staffel bislang die obligatorische Gänsehaut-Episode und bislang hat sich darüber auch noch niemand allzu ernsthaft beschwert. Daher zeugt auch der Artikel im "Daily Mirror" vor allem von drei Entwicklungen:

Nummer #1. Seit dem vergeigten Unabhängigkeitsreferendum um Schottland hat der "Daily Mirror" scheinbar nichts Weltbewegendes mehr zu berichten und sieht sich gezwungen, seine leeren Seiten mit an den Haaren herbeigezogenen Aufmachern zu füllen.

Nummer #2. Die Presselandschaft jenseits des Ärmelkanals ist nicht mit der ausgewogenen Berichterstattung unserer Breiten zu vergleichen und längst hat sich das, wofür die Bildzeitung hierzulande belächelt wird, auf den Britischen Inseln zum allgemeingültigen Standard entwickelt.

Nummer #3. Dem Kurznachrichtendienst Twitter wird von Journalisten viel zu viel Beachtung geschenkt, denn der Artikel fußte wohl vor allem auf Tweets wie diesem hier:



Um die eigentliche Frage zu beantworten, wie kindgerecht Doctor Who tatsächlich ist, nur soviel:
Längst ist die britische Kultserie ihren Kinderschuhen entwachsen und nachdem der Versuch, mit Torchwood eine erwachsene Serie mit einem Monopol auf ältere Zuschauer zu senden durch die Absetzung dieses Spinoffs nicht von Erfolg gekrönt worden war, muss die Serie eine große Bandbreite von Zuschauern befriedigen. Die Verschiebung der Sendezeit von anfangs 17.15Uhr auf später 19Uhr und mittlerweile sogar 20.15Uhr birgt bereits einen deutlichen Hinweis für besorgte Eltern, ab welchem Alter man eine entsprechende Serie sehen darf. 
Und dann gibt es noch immer Trailer mit Hinweisen zur Information für alle jene Erziehungsberechtigten, denen die Schlafzeiten ihrer Kinder nicht ganz so wichtig sind.



Spätestens an dieser Stelle kann man sich natürlich schon einmal zu Recht fragen, was der ganze Schmuh eigentlich mit "Star Trek" zu tun haben könnte, dem sich dieser Blog ja eigentlich verschrieben hat.
Tatsächlich geht es um eine größere Frage, die immer wieder an uns herangetragen wird. Ab welchem Alter darf man Kinder Science Fiction, beziehungsweise "Star Trek" ansehen lassen?

Dabei bleibt natürlich anzumerken, dass Science Fiction nicht gleich Science Fiction ist und Star Trek nicht gleich Star Trek.

So verwundert es mich beispielsweise kaum, dass sich Star Wars bereits unter Kindergartenkindern so großer Beliebtheit erfreut, denn in den Filmen und Animationsserien geht es so plump um den Kampf zwischen Gut und Böse, dass der Vergleich mit Märchen nicht allzu weit hergeholt ist. Für die Erlebens- und Verstehenswelt von Kindern ist der "Krieg der Sterne" daher tatsächlich geeignet um von Kindern in seiner Grundanlage verstanden zu werden.



Insofern steht das Franchise auch nicht in direkter Konkurrenz zu Star Trek, das seinerseits eine Nische in einem philosophischen und intellektuellen Zugang zu Science Fiction sucht. Da Kinder erst ab zehn Jahren überhaupt eine Zeitvorstellung entwickelt haben, die ihnen ermöglicht, das Konzept von Science Fiction, Zeitreisen und Zukunft zu verstehen, ist es so unangebracht wie sinnfrei, sie vorher damit in Berührung zu bringen.



Was aber auch nicht bedeuten soll, dass Kinder unter zehn noch kein Star Trek sehen dürfen. Tatsächlich tragen hier die Eltern die Verantwortung zu entscheiden, was sie für geeignet halten, um es gemeinsam mit ihren Kindern zu sehen. So kann etwa "Kennen Sie Tribbles?" durchaus auch vorher angesehen werden, während eine Folge wie "Die Verschwörung" nicht umsonst auf den Schnitttischen der amerikanischen Zensur gelandet ist (wie man in "Kraft der Träume" erkennen kann).



Es muss bei näherem Hinsehen wohl nicht weiter erklärt werden, dass der Xindi-Handlungsbogen bei "Enterprise", die Dominion-Kriege bei "Deep Space Nine" oder die Ermordung Admiral Marcus' in "Into Darkness" nicht unbedingt für Vorschulkinder oder Zweitklässler zu empfehlen sind. Ja selbst die Star-Trek-Trickfilm-Serie TAS sollte man nicht einfach gedankenlos seinen Sprösslingen vorsetzen, denn bereits die damaligen Produzenten waren sich nicht darüber einig, ob sie da Erwachsenenunterhaltung oder eine Kindersendung fabriziert hatten.


Das Zauberwort heißt im Endeffekt also Eigenverantwortlichkeit der Eltern, denn egal ob Doctor Who, Star Trek oder irgendeine andere Science-Fiction-Serie gilt:
Es kommt darauf an, dass sich Eltern vorher selbst einmal ganz genau ansehen, welche Folgen für ihr Kind geeignet sind und welche nicht. Altersfreigaben, Sendezeiten und Episodenlänge sind geeignete Indikatoren dafür, was man dem eigenen Zögling in welchem Alter zumuten kann.
Diese Verantwortung für die eigenen Nachkommen auf einen Fernsehsender wie BBCTele 5 oder ZDFneo zu schieben, ist mehr als scheinheilig, zumal Kinder um viertel Neun vor der Glotze nix mehr zu suchen haben.


Donnerstag, 11. September 2014

Quo vadis, Science-fiction?

Sieht man sich in der derzeitigen Fernsehlandschaft um, so mangelt es vor allem und in erster Linie an guter Unterhaltung. Sucht man aber nach Science-fiction, so fällt auf, dass sich hier ein eklatanter Mangel eingestellt hat, der mir persönlich erst aufgefallen ist, als Turon es in einem Artikel zu Almost Human schrieb. Ich teile seine Vermutungen bezüglich des Genres. Daher muss die Frage gestellt werden: Science Fiction, wohin gehst du?





Der Hang zur Dystopie

Es gibt ambitionierte Projekte, wie obiges Video zeigt. "The last man on earth" ist ein Paradebeispiel für eine etwas andere Art Geschichten zu erzählen, denn es lässt dem Zuschauer die Möglichkeit selbst zu interpretieren warum Chris Miller, unser Protagonist, plötzlich allein einkaufen gehen muss. Andere Serien schlagen einen mitunter so ernsten Ton, dass man sich ein wenig vergrault fühlt. Unsere Zukunft ist keine auf die wir zählen sollten, denn sie wird düster werden, es wird Krieg und Elend geben, moralische Fragen lassen wir komplett beiseite und Teenager sind (in The 100) unsere einzige Hoffnung. So stelle ich mir den fernsehtechnischen Vorhof der Hölle vor. Was fasziniert uns Menschen denn an der Apokalypse, dass wir sie so sehr thematisieren? Eine Antwort darauf könnte sein, dass beklemmende Zukunftsszenarien einen größeren Eindruck beim Zuschauer hinterlassen, als eine friedvolle Gesellschaft im 23. Jahrhundert, die Hunger, Arbeitslosigkeit und vor allem Geld abgeschafft hat. Das mag sicherlich so sein, aber mittlerweile bedienen sich über 90% der Serien dystopischer Elemente um sie für ihre Zuschauer attraktiv zu gestalten. Es zeugt in erster Linie von Einfallslosigkeit, die selbe Hintergrundgeschichte immer wieder zu bedienen und sich nicht die Mühe zu machen ein anspruchsvolles Konzept wie in Star Trek, Firefly oder Babylon 5 zu entwickeln. Hierbei spielen auch die Vorgaben der Studios und der Sender eine Rolle. Dies kann im Umkehrschluss dazu führen, dass sich der Zuschauer gänzlich vom Genre abwendet. 





Definitionsprobleme

Riskiert man einen Blick auf Wikipedia und besieht sich dort aktuelle Science fiction-Serien so fällt sehr schnell auf, dass dem Genre eine Ungerechtigkeit widerfährt. Neben tatsächlichen Genrevertretern finden sich illustre Animes und Superheldenserien, in denen zwar hin und wieder der eine oder andere Laser verwendet wird, die aber das Prädikat "wissenschaftliche Fiktion" nicht verdienen. Vor ein paar Jahren hatte ich mich schon einmal auf der Diskussionsseite darüber ausgelassen, dass bestimmte Serien oder Filme nicht auf jene Listen gehörten und bekam zur Antwort, dass dort eben auch Sachen auftreten, die sich innerhalb der Science-fiction wiederfinden, wie der von mir erwähnte Laser. Wenn in "Greys Anatomy" die Polizei kurz durchs Bild huscht, ist das noch lange keine Kriminalserie. Es sind Elemente eines Genres, die mittlerweile gern auch in anderen Bereichen verwendet werden, aber sie sind nicht Hauptbestandteil einer Serie. Dies schrieb ich auf die Diskussionsseite und zurück kam nur ein "Is halt so!". Danach wurde mein Beitrag einfach gelöscht. Wenn sogar in der Öffentlichkeit das Verständnis für das Genre fehlt, mag einen der Mangel an entsprechenden Formaten nicht stören, denn sie sind ja laut Wikipedia zahlreich vorhanden.

Das liebe Geld

Turon erwähnte in seinem Beitrag zusätzlich, dass Filmproduktionen im genannten Bereich eklatant teuer sind und somit von den Studios eher gemieden werden. Besieht man sich aktuelle Filme, so mag das sicher stimmen, aber Regisseure und Produzenten wie Duncan Jones("Moon") zeigen uns, dass Science-fiction nicht teuer sein muss, also geht es den Studios eher darum altbekanntes Material zu verbraten. Herr Pröve hat es in unserem Interview zum Thema Star Trek treffend formuliert. Auf die Frage, was er generell von der Tendenz zu Reboots halte, antwortete er Folgendes:

"Darin drückt sich die große Unsicherheit unserer Zeit aus. Man wagt nichts mehr, wählt den scheinbar sicheren Weg alter Erfolgstitel und verlässt sich eher auf Vergangenes anstatt das Wagnis des Neuen einzugehen. Das fängt beim Drehbuchautor an und geht bis über den Produzenten hin zum Direktor des Senders. Denen fehlt die Risikobereitschaft. Es ist derzeit ein grundsätzliches Problem unserer Gesellschaft, das sich hier konkret am Star Trek-Reboot zeigt."

Nichts wagen, nichts riskieren und bloß nichts Neues anfangen. Das könnten die drei neuen Affen der Filmgeschichte werden.



Die Alternative

Im Internet gibt es zahlreiche Gelegenheiten sich mit Science-fiction-Filmen guten Formats zu beschäftigen. Auf Youtube tummeln sich erstaunlich viele Kurzfilme im Science-fiction-Bereich. Aktuellen Produktionen sind sie sicher von der technischen Machart unterlegen, beweisen dafür aber mehr Geschick im Storytelling. Man nehme hier z. B. Mis-Drop von Ferand Peek. Die Grundstimmung dieser Filme ist meist düster. Das kann man jetzt wieder kritisieren, aber wenn mann sich die zum Teil sehr ambitionierten Projekte der Hobbyregisseure und Filmstudenten ansieht, wird einem klar welch großes Potential noch immer im Genre steckt. Also lassen wir uns nicht unterkriegen und hoffen auf einen nächsten großen Sci-fi-Kracher, der das Genre wiederbelebt. Totgesagte leben bekanntlich länger. 




In diesem Sinne - guckt mehr Science Fiction!