Montag, 16. Mai 2016

Turons FedCon-Logbuch, Teil III: Sonntag, der 15. Mai 2016

 Dieses ist des Logbuchs dritter Teil. Der erste lässt sich hier finden, der zweite hingegen an dieser Stelle.
 



08.00Uhr.
Miri steht scheinbar leichtfüßig trotz der 'durchzechten' Nacht auf, während ich mich nach nur fünfeinhalb Stunden Schlaf einfach umdrehe und versuche, auf schonende Art langsam wachzudösen.

08.24Uhr. Soweit zu meinem genialen Plan. Natürlich bin ich noch einmal so richtig eingeschlafen und quäle mich mehr schlecht als recht hoch, als es an der Tür klopft. K'olbasa und Rok haben sich aus Versehen aus ihrem Hotelzimmer ausgesperrt. Doch statt den Vormittag in ein komplettes Chaos münden zu lassen (am Wochenende arbeitet in diesem einsamen Sparkassen-Trainingslager niemand), genügt scheinbar ein simpler Anruf, um die Situation zu klären und eine neue Karte aus dem Automaten im Erdgeschoss zu ziehen. So brechen die drei bereits wenige Minuten später gemeinsam mit dem Auto zum Maritim auf, während ich noch immer herumtrödele und gelobe zügig nachzukommen. Im Gegensatz zu Miri oder K'olbasa habe ich keinerlei Ambitionen, einem Fotoshoot oder einer Autogrammstunde beizuwohnen. Stattdessen freue ich mich auf Hubert Zitt, der zu meiner großen Freude gestern ankündigte, heute erst um 11Uhr mit seinem Vortrag zu beginnen.

09.15Uhr. Nach dem Duschen, dem Vernetzen des Artikels des Vorabends und dem Packen aller Sachen breche auch ich auf, um zum Con-Gelände zu gelangen. Bei strömendem Regen halte ich vergeblich die Augen nach einem geöffneten Bäcker offen. Mit knurrendem Magen gelange ich ins Maritim und wandere zunächst einsam in den Menschenmassen herum. Ein weiterer Plan scheitert, als ich erfahren muss, dass der Start der Prometheus-Romanreihe noch nicht eingeläutet ist und ich mir daher auch kein entsprechendes Buch für eine zeitnahe Rezension kaufen brauche. Auch der mir mittlerweile in- und auswendig vertraute Merchandise-Bereich bietet keinerlei zwingenden Grund zum Erwerb weiterer Fan-Utensilien und so zeichnet sich bereits jetzt ab, dass ich weniger Geld ausgeben werde, als ursprünglich eingeplant. Daher lade ich K'olbasa, der mir gerade über den Weg läuft (aufgrund seiner hohen Nummer war es ihm nahegelegt worden, später zur Autogrammstunde wiederzukommen) auf ein koffeinhaltigen Heißgetränk ein.


10.02Uhr. Wir heimsen noch einen Tele-5-Beutel ein, bevor wir aufgrund K'olbasas Wunsch nach einem laktosefreien Cappuccino (!) im Restaurant des Hotels landen. Dort sehen wir nicht nur ein Elton-John-Double, sondern unterhalten uns fernab vom Convention-Rummel über Gott, Katzen und die Welt.

10.42Uhr. Während wir draußen herumtrödeln, hält uns Miri tapfer Plätze im Beethoven-Saal frei, in dem die Zitt-Vorlesung zum fünfzigsten Jubiläum der "Raumpatrouille Orion" stattfinden wird. Ich quäle mich in den völlig überfüllten, viel zu kleinen Raum, in dem verdammt viele Leute auf Stühlen, dem Boden oder in der Eingangstür stehen.


11Uhr. Hubert Zitt beginnt mit seinem Referat, dass er in ähnlicher Form bereits vor einigen Jahren auf der FedCon hielt. Auch Miri und mir kommt der Inhalt vertraut vor und wir fragen uns, ob wir den Vortrag bereits im Rahmen der Star-Trek-Ausstellung in Potsdam-Babelsberg gehört haben.
Ausgerechnet Miri, die sich so heldenhaft für unsere Sitzplätze eingesetzt hat, muss zur Autogrammstunde aufbrechen, als ein Mann durch die erste reihe läuft, der ein Schild trägt, auf dem vermerkt ist, dass mittlerweile auch die höheren Nummern zum Einlass in den Signier-Bereich gestattet ist.
Spätestens nach diesem Vorfall scheint Zitt etwas aus dem Konzept zu geraten: Zuerst finden Fans Fehler in seinen Folien ("Ihr seid aber auch Klugscheißer...") und dann nennt er den Captain-Blaubär-Sprecher Wolfgang Völz mehrfach 'Robert' ("Tschuldigung; als ich heute Nacht das letzte Mal auf die Uhr geschaut habe, war es halb fünf.").
Doch der erfahrene Lehrbeauftragte findet rasch wieder zu alter Stärke, überspielt geschickt die marginalen Fehler und unterhält sein Publikum auf gewohnt lockere Art und Weise. So etabliert er, dass die Startsequenz des Schiffes durchaus plausibel ist, dass die Orion nur siebzehn Monate gebraucht hätte, um vom Delta-Quadranten zurück zur Erde zu gelangen und gibt den Zuhörern anhand von Versionsunterschieden Französisch-Nachhilfeunterricht.
Unter großem Applaus beendet er seine wie gewohnt unterhaltsamen Ausführungen. Als sich dann Dirk Bartholomä anschickt, sein Panel zu halten, verlasse ich dann aber doch den Saal um wieder mit den anderen Außenteam-Mitgliedern in Kontakt zu kommen.


12.09Uhr. Nachdem ich eine Weile vom Strom der Menschenwogen durch die engen Gänge gespült werde, gelingt es mir wider erwarten just dort, wo die Wucht der Fanfluten nachlässt, K'olbasa und Andrea wiederzutreffen. Wir stürzen uns gemeinsam in den steten Fluss aus Con-Besuchern, fotografieren die vielen verkleideten Fans, die auf einen Sieg beim Costume Contest am Ende des heutigen Abends hoffen. Wir versuchen außerdem erfolglos,neue Uniforminsignien für seinen TOS-Movie-Uniform ausfindig zu machen. Immer wieder glauben wir, im Gewühl aus Menschen, Außerirdischen und Stargästen Rok mit seiner roten TNG-Uniform zu entdecken.


Als wir aber des Herumlaufens müde werden und auch das Knurren des Magens kaum mehr länger ignorieren können, suchen wir auf dem Freigelände nach Versorgungsmöglichkeiten und treffen erst dort überraschenderweise Miri und Rok wieder, zu denen zuvor jegliche Kommunikation abgebrochen war (in den Stahlbetonwänden des Hotelbaus ist der Handy-Empfang wie bei einem Subraum-Dämpfungsfeld äußerst eingeschränkt).
Während wir unsere Boulette (in diesem Teil der Republik gemeinhin als "Frikadelle" bezeichnet) verspeisen, erzählt Miri, dass ihr eine kleine Überraschung für die daheimgebliebene Lwaxana (vielen Dank für Deinen heimatlichen Gruß!) in die Hände gefallen ist. Wir einigen uns darauf, dass Marina Sirtis' Panel ein würdiger Abschluss für unser diesjähriges FedCon-Abenteuer wäre und vereinbaren, uns dazu um halb zwei vor den Toren des Hauptsaals wiederzutreffen.
Auf Anregung Roks versuche ich die 'Night Shift' in den Modell-Ausstellungsräumen abzupassen, bei denen das Licht ausgeschaltet wird, um die beleuchteten Modelle besser in Szene zu setzen. Leider ist weder meine Kamera ausreichend in der Lage, bei den herrschenden Lichtverhältnissen ansprechende Fotos zu machen, noch erlaubt der völlig überlaufene Raum es, an den einzelnen Modellen innezuhalten, um ungestört zu fotografieren. Nach einigen Ellbogenkontakten werfe ich jedenfalls die Flinte ins Korn und verlasse den Raum in Richtung Hauptsaaleingang.


13.08Uhr. So stehe ich schon bald zusammen mit den anderen in der Schlange vor dem Saal, wo wir bereits damit beginnen, etwas wehmütig unsere Erlebnisseberichte der letzten Tage auszutauschen. Unser gemeinsames Schwelgen wird plötzlich vom aggressiven Werben eines Klingonen für die Vorführung einer klingonischen Hochzeitsinszenierung unterbrochen.




13.35Uhr. Die Pforten öffnen sich und zusammen mit anderen erobern wir die oberen Ränge des Saales. So sitzen wir ein letztes Mal gemeinsam auf den harten Stühlen des Maritim-Hotels und beraten Veröffentlichungs-Pläne für ein "Such-den-Rok"-Buch, in dem der Leser/ Bildbetrachter auf einer überlaufenen Convention einen rot-uniformierten Taschenträger mit Smartphone in der Hand finden muss.


14Uhr. Chase Masterson kündigt ganz in weiß Marina Sirtis an. Der alte Con-Hase holt zu einem überaus unterhaltsamen Rundumschlag, der zwar den meisten Zuhörern hinlänglich bekannt war, aber durch aus: Sie erzählt vom Eurovision Song Contest, ihren Mann, ihr Tottenham-Hotspur-Tattoo, ihren Mann, englischen Fußball, Bayern Münchens Dominanz, ihren Mann, Tottenham, wie sie einmal einen Fan schlug, ihr Alter, Donald Trump, ihren Mann, Gargoyles, Schauspielerei, ihre Bosheit, Cockney, Maria Callas, Doctor Whos Hauptrollensexismus, David Tennants Angst vor ihr, 'Sir' Old Baldy, ihre Haare, ihre Kostüme, die Prominenz David Hasselhoffs in Deutschland, Star-Trek-Busenhalter, Technobabbel, den Wandel ihrer Rolle, Fluchen, Twittern, Foodpics, Alkohol, Crush, den Gegensatz zwischen ihrer Person und der Rolle der Deanna Troi, schlechte Erfahrungen mit Flughafen-Sicherheitspersonal und natürlich ihren Mann, als die Zeit verflogen und das Panel auch plötzlich schon zu Ende ist.
Doch dem Publikum ist sie eventuell weniger für markige Aussprüche wie "Oh, Shitfuckballs!", "When Troi got drunk she became Marina!" oder "I'm horrible." sympathisch, sondern viel eher für ihren Einsatz für die vor der Tür wartender Fans. Sie stiefelt spontan zum Eingang und veranlasst allen FedCon-Sicherheitsmaßnahmen zum Trotz, dass jeder draußen Wartende umgehend eingelassen wird. Das Publikum, selbst oft genug Leidtragender der teilweise sehr rigiden Bestimmungen, spendet jedenfalls Szenenapplaus. Am Ende bestimmt sie selbst das Ende ihres Panels und kehrte während Chase Mastersons Paneleinstieg auch noch einmal zurück, um den uninteressierten herausströmenden Massen unrespektvolles Verhalten vorzuwerfen (ohne dabei anzuecken). "Die ist eine echte Rampensau!" bemerkt K'olbasa zungeschnalzend und vor allem nicht ganz zu Unrecht.



15.11Uhr. Der traurige Moment der Wahrheit ist gekommen: Wir müssen los. Ein letztes Mal quetschen wir uns den viel zu engen Hauptgaqng hinunter, ein letztes mal besuchen wir die stark frequentieren (aber dennoch sauberen) Toiletten und ein letztes Mal warten wir noch einmal auf K'olbasa, bevor wir den Haupteingang des Maritim-Hotels zum Ausgang aus dem Convention-Wochenende umfunktionieren.

15.26Uhr. Wir brechen wieder in die alte Heimat auf. Noch 568km bis ins eigene Bett! Ein wenig Wehmut mischt sich aber dann doch, als wir ein letztes Mal auf das Maritim-Hotel blicken, bevor wir auf die Autobahn auffahren.

16.12Uhr. Kleine Tankpause. Der Himmel weint, weil wir nicht länger bleiben konnten. Erschöpfung macht sich in der Gemeinschaft breit jund sowohl Miri als auch Rok schließen immer öfter und für immer längere Zeitabstände ihre Augen.

17.27Uhr. Da die anderen schlafen entdeckt ausgerechnet unser Fahrer K'olbasa einen Kunstflieger am regnerischen Pfingsthimmel, der einen Immelmann nach dem anderen fliegt und sich durch das Panoramadach gut beobachten lässt. Wir hoffen inständig, dass er uns die kommenden Kilometer Strecke nicht auf den Kopf fällt. 

17.50Uhr. Ich für meinen Teil habe die Zeit im Auto dazu genutzt, meinen Block-Eintrag vorzuschreiben und bin soweit fertig. Unserer Gemeinschaft fällt auf, dass es allmählich an der Zeit wäre, etwas zu essen und einen Kaffee zu trinken.


18.17Uhr. Wir nehmen unseren traditionellen After-Con-Burger bei einer dieser seelenlosen Fastfood-Ketten ein. Miri fällt dabei erst beim Bestellen auf, dass sie noch immer ihre vulkanischen Spitzohren trägt, doch zu unserer allgemeinen Enttäuschung verzieht der Verkäufer keinerlei Miene.

18.45Uhr. K'olbasa läutet die erste Bilanzrunde ein. Der Tenor ist dabei recht eindeutig: Der FedCon und ihrem Personal wird eine gesteigerte Professionalität, Freundlichkeit und Effizienz zugeschrieben.
Mit drei zu eins Stimmen war die Begegnung mit George Takei noch vor der mit Vic Mignogna (Miri) der Höhepunkt für die meisten von uns.
Allerdings haben wir auch vereinzelt Kritik zu vermelden. So wurde die Informationspolitik bemängelt, denn wenn Angaben über Verschiebungen, Absagen oder Planänderungen nur über eine ausschließlich für iPhone-Besitzer zugängliche FedCon-App ausgegeben werden, kann man sich an einer Hand ausrechnen, dass dies in einem Hotel mit so massiven Stahlbetonwänden die Fans kaum erreichen wird. Wo sind die guten alten Touch-Monitore geblieben (der beklebte Zettel am Merchandise-Bereich war nämlich definitv kein angemessener Ersatz)?
Auch der rauere Umgangston mit den - zugegebenerweise manchmal etwas schwierigen - Fans seitens der Stars (von Beltran, Sirtis, Shatner bis zu Farrell) wurde zum Thema, wobei dies auch dem Umstand zuzurechnen ist, dass sich beide Parteien nunmehr ausgiebig kennen und nunmehr die selben Fragen wieder und wieder gestellt hören müssen. Ein ungesunder Trott in Kombination mit den Hürden der deutschen Sprache scheint eingekehrt zu sein, der alle Seiten ein wenig frustriert. Vielleicht wird es jetzt doch Zeit für neue Stars (z.B. einer kommenden TV-Serie), neue Gesichter und neue Anekdoten, die nie ein Mensch zuvor gehört hat..


20.05Uhr. Wir passieren bereits wieder die frühere innerdeutsche Grenze und freuen uns, in einer Zeit zu leben, in der Deutschland nicht mehr vom Eisernen Vorhang dominiert wird, Berlin die gemeinsame Bundeshauptstadt ist und die A2 so mittlerweile verhältnismäßig problemfrei zu passieren ist.
Wir unterhalten uns auch schon über die nächsten Möglichkeiten, auf eine Convention zu gehen. Weil wir gerade Hannover passiert haben, fällt uns die dortige Comic Con ein. Oder die in Berlin. Oder die in Stuttgart, wo immerhin Nathan Fillion zugegen sein wird. K'olbasa, der auf der Rückfahrt von der FedCon das Steuer seines Wagens innehat, wirft allerdings ob unserer allgemeinen Begeisterung ein, dass er nicht wegen eines Schauspielers irgendwo hinfahren wollen würde.
Öhm, ja...

21.37Uhr. Potsdam Hauptbahnhof! Wir sind wieder in den heimatlichen Gefilden angelangt und auch wenn wir die FedCon irgendwie vermissen, ist es doch schön, noch einen freien Tag vor uns zu haben, bevor uns die harte Realität des Arbeitslebens einholt. Dennoch hatten wir alle drei eindrucksvolle und ereignisreiche Tage, die wir nicht mehr missen möchten.

1 Kommentar:

  1. Wieder ein schöner Bericht. Und es gibt eine Überraschung? ;) Es scheint echt schön gewesen zu sein, aber dank der Berichterstattung war ich ja quasi mit dabei.

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