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Donnerstag, 26. März 2015

Spektralanalyse: Zombies of the Stratosphere



Einleitung. Es hätte nicht viel gefehlt und der Schauspieler, Musiker und Fotograf Leonard Nimoy hätte heute seinen vierundachtzigsten Geburtstag begangen. Um unserem Vorhaben, das Wirken dieses Mannes eben nicht der Vergessenheit anheim fallen zu lassen, ziehen wir aus diesem Grund heute unseren symbolischen Hut vor diesem einflussreichen Darsteller und werfen einen Blick auf einen besonders frühen Auftritt Nimoys in dem Fünfziger-Jahre-Grusel-Sci-Fi-Schinken „Zombies of the Stratosphere“. Den Film kann man dieser Tage mit ein wenig Glück auf der ein oder anderen bekannten Videoplattform wiederfinden, weshalb ich an dieser Stelle auch gleich um ein wenig Nachsicht ob der Qualität der eingestellten Bilder bitten möchte.



Story. Der Marsianer Marex hat sich mit seinem Stellvertreter Narab (Leonard Nimoy) zum Planeten Erde begeben, um einen diabolischen Plan zu verwirklichen: Durch die Zündung einer H-Bombe wollen sie nicht nur sämtliches Leben auf der beschaulichen Erde auslöschen, sondern den gesamten Planeten aus seiner Bahn werfen, um dem Mars an seiner Statt den begehrten Platz nahe der Sonne zu verschaffen.
Doch die grünhäutigen Außerirdischen haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn ein paar heroische Erdlinge nehmen den ungleichen Kampf gegen die übermächtigen Weltraumterroristen auf. Zu Wasser, zu Lande und selbst in der Luft versuchen sie immer wieder, die teuflischen Machenschaften der skrupellosen Fremdlinge zu durchkreuzen. Aber die beharrlichen Bombenleger schaffen es trotz des ein oder anderen Rückschlags schließlich doch, ihre todbringende Geheimwaffe fertigzustellen. Wird es Larry Martin und seinen Kollegen gelingen, die Marsianer aufzuhalten?



Lobenswerte Aspekte. Es gibt vor allem einen guten Grund, sich diesen immerhin über sechzig Jahre alten Streifen heutzutage noch anzusehen: Es war das fünfte Schauspielengagement überhaupt, das Leonard Nimoy in seiner schillernden Karriere annahm. Also ein echtes Frühwerk der späteren Science-Fiction-Ikone, das damit einen wahrlich historischen Wert hat: Es liefert einen Einblick in ein frühes, unbekanntes Stadium seiner Karriere, als der spätere Starrummel noch weit entfernt schien, obgleich die Hoffnungen des Schauspielers auf einen Durchbruch eng mit dem Film verbunden waren. Oder, wie Nimoy es Jahrzehnte später in einem Interview ausdrückte:

I was very important in it and I thought it would rocket me to stardom.

Meine – mal wieder – sehr freie Übersetzung dazu:

Ich war darin recht wichtig und dachte, dass es mich zu einem Filmstar machen würde.“

Auch wenn „Zombies of the Stratosphere“ in seinem Vorspann mit der stolzen Ankündigung „Introducing Leonard Nimoy“ wirbt, sollte es für den Nachwuchsdarsteller noch ein langer Weg bis zum endgültigen Durchbruch werden.


Neben Nimoy kann man mit etwas Abstraktionsvermögen übrigens noch einen weiteren Schauspieler entdecken, der ein Jahrzehnt später eine Rolle innerhalb Star Treks übernahm:


 John Crawford, der in der Episode „Notlandung der Galileo 7“ den Kommissar Ferris verkörperte, ist in diesem Film als Kleinkrimineller namens Roth zu sehen, der den ruchlosen Fremden bereitwillig zu Diensten steht.



 Zudem waren mit Tom Steele und Paul Stader zwei Stuntmen an der Produktion beteiligt, die auch in „Brot und Spiele“ mitwirkten.
Was den Film über die Besetzung hinaus so sehenswert macht ist die Tatsache, dass er so klar erkennbar das Kind seiner Zeit ist.
Das liegt noch nicht einmal daran, dass es nur eine einzige Frauenrolle im gesamten Film gibt (den Bechdel-Test besteht dieses Werk jedenfalls nicht), dass Schießereien denen bei „Die nackte Kanone“ auf erschreckende Art und Weise ähneln oder dass geraucht wird, als wäre Lungenkrebs nur ein Fantasieprodukt überbesorgter Hausfrauen.
Nein, das wirklich Unterhaltsame daran ist die nur mäßig verschleierte Allegorie auf den damals schwelenden Konflikt mit der Sowjetunion. Die fremdländisch anmutenden, uniformierten Außerirdischen müssen als Ersatzbösewichte für das viel größere kommunistische Übel herhalten und immer wieder wird ein nicht näher genannter anderer Staat ins Spiel gebracht, der den Marsianern waffenfähiges, radioaktives Material veräußern könnte.
Die Rezension auf Million Monkey Theatre geht sogar noch einen Schritt weiter und vergleicht den Wissenschaftler mit den Rosenbergs und stellt den Namen Marex in einen interessanten Zusammenhang mit Karl Marx, dem Begründer der kommunistischen Lehre. Vor allem aber die markigen Schlussworte, die an Pathos kaum mehr zu überbieten sind, schwören den Zuschauer während des Höhepunkts der McCarthy-Ära auf einen unsichtbaren Gegner ein, den es gemeinschaftlich zu bekämpfen gilt:

Yeah, we're save now!
For the time being. But there are undoubtedly more of these power man creatures loose on other planets. So it will take constant vision on our part to ensure safety of this world.

Meine wiederum sehr freie Übersetzung:

Genau, wir sind jetzt sicher!
Im Moment vielleicht. Aber auf anderen Planeten laufen zweifelsohne noch mehr solcher machtbesessenen Wesen herum. Daher müssen wir ständig auf der Hut sein um die Sicherheit dieser Welt zu gewährleisten.

Alles in allem wäre „Zombies of the Stratosphere“ damit ein Film gewesen, der den völlig gegen die Wand gefahrenen „Frogs und Tribbles“-Vortrag mit seiner unverhohlenen antikommunistischen Haltung zweifelsohne aufgewertet hätte.



Kritikwürdige Aspekte. Der „Web-Duden“ Wictionary definiert die „Stratosphäre“ als „ […] zweite Schicht der Erdatmosphäre im Bereich von etwa 12 bis 50 Kilometer Höhe über der Erdatmosphäre.“, während ferner der Begriff „Zombie“ als „[...] Untoter, wandelnde Leiche“ definiert wird.
Mit diesen Erklärungen im Hinterkopf fällt zuerst einmal auf, dass dieses 'Serial' weder etwas mit der Stratosphäre, noch mit Zombies zu tun hat. Der Titel ist völlig irreführend und am Inhalt vorbei gewählt worden, so dass es kaum verwunderlich scheint, dass bei der erneuten Veröffentlichung dieses Werkes als Kinofilm im Jahre 1958 ein völlig anderen Titel ausgesucht wurde, nämlich „Satan's Satellites“.
Der „Web-Duden“ Wictionary definiert übrigens „Satan“ als „[...] der Gegenspieler Gottes, der Teufel, der Versucher“, während ferner der Begriff „Satellit“ als „[...] menschengemachter Körper, der einen Himmelskörper umkreist“ definiert wird.
Selbst wenn man in einem Anflug von Wohlwollen den Sputnikschock als Entschuldigung für diesen lausigen Titel heranzieht, kommt man nicht umhin zu bemerken, dass auch diese Überschrift aber so wirklich gar nichts mit dem Inhalt zu tun hat. Wenn es nicht auf so sympathische Weise an die nicht minder deplatzierte Benennung des fünften Star-Trek-Films „Am Rande des Universums“ erinnern würde, könnte man schon daran die fehlende Qualität dieses Werkes festmachen.
Doch die Logiklücke zwischen Titel und Produkt setzt sich in der Handlung nahtlos fort.

Der Held könnte den Bösewichtern niemals so schnell folgen?
Kein Problem, er hat doch einen Raketenanzug!


Der verkappte "Rocketeer" darf aus Handlungsgründen die Rakete der Marsmenschen nicht sehen?
Kein Problem, wir verstecken sie unter ein paar Zweigen!

In diesem Bild ist eine Rakete vom Mars versteckt. Gelingt es Dir sie zu finden?
Die Bösewichter fliehen mit einem Zug?
Kein Problem, wir stellen einfach einen Minipanzer neben das Stationswärterhäuschen!


Ja, in „Zombies of the Stratosphere“ schlägt die Handlung ein ums andere Mal Purzelbäume, da versanden Handlungsstränge in der Wüste von Nevada und auch die Handlungsorte sind so generisch, dass sie auch problemlos für einen Western, einen Krimi oder eine Liebesschnulze hätten herhalten können.
Natürlich sollte man das nicht überbewerten, denn dieser Film kostete mit insgesamt 176,357$ in etwa zehntausend Dollar weniger, als eine durchschnittliche Star-Trek-Episode während der zweiten Staffel TOS (vgl. Justman, Robert H.; Solow, Herbert. Star Trek. Die wahre Geschichte. Heyne, 1998, S. 339). Da kann man sich fraglos an einer Hand ausrechnen, dass bei diesem Budget nicht allzu viel Spielraum für große Sprünge blieb. Und daher bediente man sich frei nach den Prinzen munter in der Grabbelkiste vorangegangener Science-Fiction-Produktionen, um die eigene Billig-Fertigung optisch aufzumotzen.
Die ausgedehnten Flugeinlagen des Rocketeer-Vorbildes?
Sämtlich aus „King of the Rocketmen“ entliehen.
Der Einschub mit den Cowboys, die ein Flugzeug beliefern?
Aus dem Western „Bells of Coronado“ gemopst.
Der plumpe Roboter, der Banken überfällt?
Fast die gesamte Szene aus „Mysterious Dr. Satan“ geklaut.


Dieser Raubzug setzte sich sogar soweit fort, dass nicht einmal die Farbversion dieses Films original ist, sondern auf eine Kolorierungskampagne in den Neunzigern zurückging (bei der Gelegenheit fügte man auch das 'introducing Leonard Nimoy' ein, um das Produkt unter den damals zahlreichen Star-Trek-Fans besser verkaufen zu können). Ursprünglich war „Zombies of the Stratosphere“ nämlich ein sogenanntes Serial, also ein mehrteiliges Gesamtwerk in zwölf Akten, dessen Einzelteile üblicherweise vor einem häufig sehenswerteren Hauptfilm liefen und primär dazu dienten, Spannung zu erzeugen, um das Publikum auch in der darauf folgenden Woche ins Lichtspielhaus zu locken. Damit steht es in einer Ahnenreihe mit ähnlichen Vorläufern wie den frühen Ablegern von „Flash Gordon“ oder „Buck Rogers“.
So erklären sich auch die abstrusen Cliffhanger vor jedem Kapitelfinale, die das unausweichliche Ende des Haupthelden heraufbeschwören, nur um kurz darauf zu zeigen, dass der 'Rocketman' und seine Helfershelfer nicht einmal einen Kratzer oder eine Falte in ihre Anzüge bekommen haben.

Vorsicht! Leute die eine Handlung in diesem Film suchen!!
Entsprechend blieb auch nicht sonderlich viel Zeit um sich mit Figurenmotivation, Charakterzeichnung oder besonders viel Handlung abzugeben und daher verwundert es wohl kaum, dass es neben böse und gut, außerirdisch-kriminell und menschlich-heroisch sowie schwarz und weiß kaum Platz für Schattierungen bleibt.
Obwohl gerade letzterer Punkt weder inhaltlich noch politisch korrekt formuliert ist, fällt wenn man sich die ethnische Zusammensetzung der Darsteller einmal genauer ansieht auf, dass in diesem Film Zustände wie in den Hochzeiten der südafrikanischen Apartheid herrschen: Es wird das wirklichkeitsfremde Bild einer rein kaukasischen Population in Kalifornien gezeichnet und nicht einmal im Hintergrund kann man einen schwarzen Passanten ausmachen. Natürlich ist auch das ein der Entstehungszeit geschuldeter Umstand, aber es bleibt festzuhalten, dass dies dann doch eine ganz andere Qualität aufweist: Die Produzenten dieses Films waren scheinbar eher bereit, die Existenz von Tabakwaren, Frauen und kommunistischen Marsmenschen auf Zelluloid zu bannen, als die Präsenz von damals knapp fünfzehn Millionen amerikanischen Staatsbürgern anzuerkennen.


Und wenn wir schon die Entstehungszeit hervorkramen: Die Fünfziger waren eine Zeit, in der Feuerwerkskörper Tricktechnik ersetzten, schnelles Vorspulen als 'Special Effect' verschrien war und ein Film erst dann gut war, wenn auch ein Stuhl auf dem Rücken irgend eines Stuntmans zerschlagen wurde.

Coitus interruptus auf marsianisch

Wer allerdings anhand der Masken eine Traditionslinie zu erkennen glaubt, in der auch der Umstand steht, dass in den ursprünglichen Planungen Spock eine rote Hautfarbe verpasst werden sollte, muss sich in Erinnerung rufen, dass es sich bei „Zombies of the Stratosphere“ ursprünglich um eine Schwarz-Weiß-Produktion handelte, in der man das gesunde Grün der Marsmenschen ohnehin nicht hätte erkennen können.



Wie man im Anschluss auch an den „Denkwürdigen Zitaten“ feststellen kann, die den Gesamtumfang des Textes darstellen, den Leonard Nimoy damals auswendig lernen musste, bietet dieser Film zwar einen Einblick in die erste nennenswerte Rolle seiner Karriere, aber dennoch ist sie weit davon entfernt, allen Ernstes als „recht wichtig“ bezeichnet zu werden. Die echten Hauptrollen in diesem Streifen hatten ganz andere Personen inne und es verwundert in diesem Zusammenhang wohl kaum, dass Nimoys Name ursprünglich statt im Vorspann erst an neunter Stelle des Abspanns zu finden war.

Eine heiße Schokolade mit Extra Sahne und ein zellularer Peptidekuchen mit Pfefferminzüberzug
Fazit. Die Angst vor Kommunisten, Afroamerikanern und Außerirdischen bestimmt diesen Film aus heutiger Sicht. Der über sechzig Jahre alte Streifen wirkt in den meisten Belangen so unzeitgemäß und antiquiert, dass er für normale Menschen mit modernen Sehgewohnheiten nur schwer zu ertragen ist.
Aber selbst wenn man sich darüber seitenlang auslassen kann bleibt festzuhalten, dass es die erste große Rolle des Mannes war, der Jahre später mit seiner Darstellung Spocks zu Recht Kultstatus erreichte. Der Wert dieses Films liegt daher nicht in seiner Qualität, sondern in seinem historischen Gewicht.



Denkwürdige Zitate.

Someone is on the top of the truck!
Narab

Is that the last of it?
Yes, Sir!
Marex und Narab

Sure that box is watertight?
Absolutely! I'll radio Marex, that you arrived safely. You better wait to see if he has any further orders.“
Roth und Narab

Calling Marex, calling Marex! Roth and Shane got here with the money, alright, but someone has just captured them on the outer area.
Is the robot still there?
Yes.“
Narab und Marex

Do we have any explosives that can be detonated under water?
Yes, some of our small TNT bombs will do.
Then get one ready at once. We must set up a booby trap on the shaft.
Yes, Sir!
Marex und Narab

They are right over there, Sir!
Narab

How about the others?
I think they are dead.“
You are in a pretty bad shape yourself. Take it easy and I will call for an ambulance...“
No... You first must stop the bomb!
What bomb?!
In the back cave through the water tunnel. It will blow up soon...“
How can I get in there?
Turn the rock knob at the left wall – just ahead of the trap door... Hurry!
Larry Martin und Narab


Schlussworte. Bei der Auflistung der Must-See-Auftritte Leonard Nimoys haben wir „Zombies of the Stratosphere“ zu Unrecht unterschlagen, obwohl er definitiv sehenswerter ist, als Nimoys Auftritt in Bonanza. Mit diesem kleinen Geburtstagsständchen wollen wir diesen Faux-Pas nun wieder gut machen.
Wer mehr über Leonard Nimoy und seine Karriere erfahren möchte, hat an diesem Wochenende bei der RetroSpockTive in der kleinsten Star-Trek-Ausstellung in Eberswalde die Gelegenheit dazu, denn dort wird das Tafelrundenmitglied Turon einen Vortrag unter dem Titel „Auf der Suche nach Mr. Spock – Leonard Nimoys Karriere in Bild, Video und Ton“ halten.


Weiterführende Leseliste.

LeVar Burton: The Supernatural
DeForest Kelley: Night of the Lepus
Walter Koenig: Moontrap
Colm Meaney: Parked
Colm Meaney: The Damned United 
Nichelle Nichols: The Supernatural
Leonard Nimoy: Die Körperfresser kommen
Leonard Nimoy: Zombies of the Stratosphere
William Shatner: Mörderspinnen
Marina Sirtis: Blind Date
Marina Sirtis: The Wicked Lady