Donnerstag, 24. April 2014

Star Trek Jumps the Shark 01: Star Trek

Teil 1 einer wöchentlichen, sechsteiligen Kolumne


Unter amerikanischen Serienliebhabern kursiert eines der schrecklichsten Schimpfwörter, die ein Serienproduzent sich vorstellen kann. Es heißt "Jumping the Shark" und beschreibt den Moment, in der eine Serie den Zenit ihrer Kreativität überschreitet und beginnt, sein Publikum immer zu weniger zu interessieren, so dass es allmählich das Interesse daran verliert, ihr weiter zu folgen.

Der Ausdruck stammt ursprünglich aus einer der erfolgreichsten Fernsehproduktionen überhaupt. Sie hieß "Happy Days" und glorifizierte das Leben in der USA um die Fünfziger und Sechziger Jahre. Die älteren Leser unseres Blogs werden sich eventuell erinnern, dass "Happy Days" 1985 auch auf dem damals noch jungen Sender Sat.1 lief; den jüngeren könnte das Format aus der ein oder anderen Wiederholungswelle auf Kabel Eins bekannt sein.
Zuerst als heimlicher Antiheld, mit weiterem Verlauf der Serie immer mehr als Hauptstar der Serie gefeiert wurde der von Henry Winkler verkörperte Arthur Herbert "Fonzie" Fonzarelli. Als der populäre und unglaublich coole Charakter mit Lederjackenfetisch in Staffel fünf (von insgesamt elf) auf Wasserski den todesmutigen Sprung über einen eingesperrten Hai sprang, kreierte er damit, ohne es zu wissen, einen eingängigen Fachterminus. Der Internetkolumnist Jon Hein prägte mit einem Studienfreund die Phrase "Jumping the Shark" in Bezug auf den langsam einsetzenden Niedergang einer Fernsehserie und eröffneten eine gleichnamige Website, die verschiedene Serie unter diesem Aspekt betrachtete und dem Begriff daraufhin eine weite Verbreitung bescherte. Nachdem der Betreiber jedoch die erfolgreiche Seite verkaufte, geriet sie ihrerseits ebenfalls auf einen absteigenden Ast. Mittlerweile wird der Begriff nicht nur auf Fernsehserien, sondern auch auf Websites, Personen, Computerspiele, technische Geräte oder Marken übertragen.


Doch bei aller Eingänglichkeit des Begriffs zieht er auch einige Kritik auf sich. Die Episode "Fonzie in Hollywood, Teil III" ("Hollywood: Part 3") war mit knapp 30 Millionen Zuschauern nicht nur eine der erfolgreichsten Shows bis dato, sondern "Happy Days" büßte auch bis weit über die Folge hinaus nichts an seiner Popularität ein. Fred Fox Junior, der Autor von "Fonzie in Hollywood" wehrte sich entschieden dagegen, dass ausgerechnet das von ihm verfasste Script zum Ausgangspunkt einer solchen Einteilung herangezogen wurde.


Aus diesem Grund hatten bereits Jon Hein und andere Autoren mehrere augenscheinliche Merkmale zusammengefasst, an denen sich punktuell festmachen lässt, wann eine Serie erste Symptome dafür zeigt, diesen knorpelfischverseuchten Rubikon zu überschreiten. Nach einer Auflistung der zu dieser Thematik besonders empfehlenswerten Webpräsenz von "TV Tropes" (und natürlich aus der in Jon Heins Buch "Jumping the Shark") wollen wir an dieser Stelle einmal einen genaueren Blick auf diese Kennzeichen werfen, die nach Besetzungswechsel, Charakterentwicklung, Handlungsentwicklung, Kunstgriffe und Produktionsentwicklungen sortiert werden können (die genauen Bezeichnungen für jeden Punkt sind allerdings von mir persönlich frei erfunden, um damit in den kommenden Wochen besser arbeiten zu können).


1. Besetzungswechsel

Rauswurf eines Hauptcharakters. Ein beliebter Charakter wird aus der Serie entfernt. Besonders, wenn es zu einem herzlosen, unbefriedigenden oder kaum nachvollziehbaren Ausstieg kommt, fehlt dem Zuschauer dafür zuweilen der Zugang. Häufig wird dabei ein ruhiger, friedvoller und introvertierter Frauen-Charakter abgesäbelt, den die Produzenten durch eine attraktivere Person mit mehr Sex-Appeal austauschen wollen. Manchmal liegen die Gründe auch darin, einen Charakter mit besseren Erzählmöglichkeiten auszustatten oder durch jemanden zu ersetzen, dessen schauspielerisches Potential höher ist.

Die große Lücke. Die Produzenten haben einen Charakter als Nachfolger installiert, der dem Anspruch, der Qualität oder den Leistungen seines Vorgängers hinterherhinkt.

New Kid. Ein neuer Charakter wird in der Serie untergebracht, der – aus welchen Gründen auch immer – den Hass der Fans auf sich zieht. Manchmal wird aber auch einfach nur auf Biegen und Brechen versucht, einen weiteren Darsteller in der Schauspielerriege unterzubringen, ohne dass allzu viel Rücksicht auf Glaubwürdigkeit, bestehende Figurenkonstellationen oder gar Notwendigkeit für diesen Schritt geübt wird.


Pubertät. Einer der jungen Hauptdarsteller, beginnt plötzlich erwachsen zu werden. Symptome für diese Entwicklung sind u. a. Stimmbruch, plötzliches Absinken des Niedlichkeitsfaktors oder Installation eines neuen, jüngeren Darstellers, der das entsprechende Zielpublikum bei der Stange halten soll.

Zuwachs. Die Geburt eines Kindes stellt die Chemie einer Serie auf den Kopf und führt mitunter in eine völlig neue Richtung. Nicht selten gelangt der Nachwuchs auch ohne die unmittelbare Kenntnisse der Erzeuger in die Serie oder stößt erst dann zur Hauptbesetzung, wenn keiner mehr mit ihm rechnet.


Richtungswechsel. Ein Charakter, der für die Chemie der Serie eine zentrale Rolle spielt, wird entfernt, woraufhin sich der Fokus der Serie verlagert.

Das zweite Gesicht. Obwohl der Darsteller wechselt, bleibt die Rolle allen Unähnlichkeiten zum Trotz die selbe. Zuweilen wird dieses Thema aber auch aufgeweicht, indem es zwar unterschiedliche Darsteller und Charaktere gibt, aber die Anlage der Charaktere auffällige Ähnlichkeiten birgt.




2. Charakterentwicklung

Autorenliebling. Verhasste Charaktere bekommen zusätzliche Aufmerksamkeit und auch wenn es zuweilen hilfreich scheint, die ein oder andere Facette zur Rolle hinzuzufügen, enden die Versuche meist damit, das er nur umso mehr zu einem Spielzeug der Drehbuchschreiber mutiert.

Substanzverlust. Die Tiefe eines bereits etablierten Charakters verflacht zusehends, so dass alle zuvor gewonnenen Errungenschaften des selben hinfällig erscheinen. Die kann zur Folge haben, dass sich die Fans von diesem abwenden.

Beziehungsschwierigkeiten. Das offizielle Pärchen der Serie löst die vorhandenen sexuellen Spannungen zu früh auf und vergrault damit Zuschauer, die eigentlich durch dieses Spannungselement bei Laune gehalten wurden.



3. Handlungsentwicklung


Plötzlicher Richtungswechsel. Die Rahmenbedingungen einer Serie werden urplötzlich durch einen Umzug oder einen Berufswechsel radikal geändert.

Durststrecken. Eine Serie läuft zu lange vor sich hin, ohne irgend eine Form von Fortschritt, Entwicklung oder Auflösung gibt. Das kann darin liegen, dass die Serien Lückenfüller einfügt oder zu offensichtlich wird, dass zu große Schritte in der Handlung dem Ende der Serie zu weit vorgreifen würden. Es kann beim Zuschauer zunehmend das frustrierende Gefühl entstehen, dass die Drehbuchautoren hier eine unabsehbar lange Hinhaltetaktik betreiben, so dass sie das Interesse verlieren und einfach umschalten.

Achterbahn. Die Show wird von einer unheimlichen Bandbreite der Gefühle beherrscht, die meist aus dem Eingreifen von Geldgebern resultieren, die Serie kantiger und dunkler oder weicher und positiver zu gestalten. Das Resultat ist eine wilde Achterbahnfahrt auf der emotionalen Skala und unterschiedlichsten Schattierungen von Antagonisten.

Erhobener Zeigefinger. Einige der Schreiber bringen zu viel aus ihrer eigenen Persönlichkeit innerhalb der Serie unter. So können Episoden missbraucht werden, um die eigenen religiösen, politischen oder philosophischen Ansichten breitzutreten, ohne dass die Haupthandlung daraus irgendwelche Vorteile ziehen kann.


Wildwuchs. Die Handlung wird mit zu vielen unerwarteten Wendungen versalzen, die der Hauptstory widersprechen, schlecht umgesetzt wurden und/ oder schlichtweg dämlich sind.

Messlattenhoch. Die Serie erlebt einen so außergewöhnlich ikonografischen Moment, so dass alles was folgt, darin scheitert, diesem Qualitätszustand zu genügen.

Hochzeit. Die endgültige Zementierung einer Beziehung entfernt die Spannung unwiederbringlich aus der Serie oder verbaut anderen (attraktiveren) Kombinationen den Weg.


Trennungsschwierigkeiten. Das offizielle Pärchen (oder das Nebenpärchen) trennt sich ständig voneinander, nur um schon bald wieder zusammen zu kommen. Das verschärft nicht nur bei dem Paar auf unnötige Weise die Konflikte, sondern auch beim Zuschauer.

Schema F. Die Haupt- und/ oder Nebenhandlungen beginnen immer mehr vorhersehbar und berechenbar zu werden. 

Jumping the Shark. Die Handlungsstränge und Charakterentwicklungen beginnen soweit hergeholt zu wirken, dass sie den Zuschauer über dessen Grenzen der Akzeptanz für Außergewöhnliches beanspruchen und daher unglaubwürdig wirken.

Schwarzmalerei. Die Überdosis an dunklen Elementen und nur wenigen Lichtblicken kann dem Zuschauer die Identifikationsbasis mit den Hauptcharakteren genommen werden, wodurch sie ebenfalls die Lust an einer Serie verlieren können.


4. Kunstgriffe

Gaststarinflation. Die Serie beginnt zu sehr, auf attraktive Gastauftritte zu setzen, die jedoch an der Plausibilität der Serie zerren.

Michael-Bay-Syndrom. Grafische Spielereien (etwa der extensive Einsatz von 3D, Action und Explosionen) werden vermehrt genutzt, um von anderen Probleme (etwa bei der Charakterentwicklung) abzulenken.


Verfrühter Filmeinschub. Der Film zur Serie wird veröffentlicht, wodurch das Kreativlevel der Serie ins Wanken gerät. Da clevere Führungskräfte überwachen die Beliebtheit einer Serie oder Franchise und lassen den Film just in dem Moment einsetzen, zu dem die Serie ihren absoluten Höhepunkt erreicht. Dadurch kann man ihn häufig als sicheres Zeichen dafür werten, dass es von nun an bergab geht.

Jojo-Gefühl. Ein Haupthandlungsstrang wird aufgelöst, nur um unmittelbar danach wieder aufgemacht zu werden. Der Zuschauer verliert das Interesse und die Übersicht – ganz besonders, wenn es wieder und wieder geschieht.

Urlaub. Manchmal genügt schon eine Ferienreise, um eine Fernsehproduktion umzukrempeln. Entweder sind sie das Armutszeugnis einer Drehbuchautorenriege, die keine Ideen mehr hat oder ein Wendepunkt für den ein oder anderen Charakter.

Heiße Kartoffeln. Eine bestimmte Idee oder ein ständig wieder aufgegriffener Witz, die sich beim Publikum großer Beliebtheit erfreuen, werden zuweilen ohne Erklärung aufgegeben.

Fragwürdige Beförderung. In der Serie wird ständig betont, wie großartig etwas ist, wobei dann schließlich nicht deutlich wird, warum dies eigentlich der Fall sein soll. Zum Beispiel können Charaktere in höhere Ränge befördert werden, nur um anschließend weniger Spezialausrüstung zu erhalten und gegen schwächere Gegner zu kämpfen.

Faule Eier. Man produziert einen Musical-Episode, oder noch schlimmer, eine Clip-Show.


Unangemessener Aktualitätseifer. Die Serie versucht auf Biegen und Brechen tagesaktuell zu bleiben, obgleich es offensichtlich ist, dass die Drehbuchautoren ihrer Zeit mindestens zwei Jahrzehnte hinterherhinken.

Haarteil. Mit einer grundlegenden Veränderung im Aussehen eines Hauptdarstellers oder einer Hauptdarstellerin wird versucht, neue Zuschauerschichten (üblicherweise im Segment der 14- bis 20-Jährigen) zu erschließen.

Abkehr von der Nischenunterhaltung. Eine Serie versucht, massenkompatibler zu werden oder verliert ihren Fokus dadurch, zu viele Zuschauerschichten gleichzeitig glücklich zu machen.

Augenwischerei. Eine Show verlässt sich zu sehr auf vermeintlich quotenbringende Elemente, die allerdings für jeden erkennbar dazu dienen sollen, die offensichtlichen Defizite der Serie zu übertünchen. So häufen sich spärlich bekleidete Hauptcharaktere, um dafür Belohnungszuschauer zu erhalten, oder die Intensität von Vulgärhumor steigt rapide an. 

Schoßtierchen. Um Defizite in der Hauptbesetzung auszugleichen oder die Abwesenheit von sympathietragenden Kindern zu übertünchen, müssen zuweilen Haustiere herhalten, um den Zuschauer bei der Stange zu halten. Besonders deutliches Anzeichen für den Niedergang einer Serie war der Einsatz eines Schimpansen. 



5. Produktionsentwicklungen


Charlie-Sheen-Syndrom. Einer der Hauptdarsteller wird in einen handfesten Skandal verwickelt, was mit der Zeit interessanter wird, als die Serie in der er mitspielt.

Zeitumstellung. Die Serie wird im amerikanischen Fernsehen auf eine traditionelle Familienfernsehzeit gelegt, was zur Folge hat, dass umfangreiche Zensurmaßnahmen die Handlung beschränken.

Erschöpfter Schöpfer. Der Urheber einer Serie wird befördert oder verkauft sich zu sehr, was zur Folge hat, dass er nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Schöpfung angemessen zu beaufsichtigen. Häufig wird dieser Zeitpunkt von anderen genutzt, um ihre eigenen Visionen zu verwirklichen.

Absolutismus. Ein Hauptdarsteller wird entweder zum ausführenden Produzenten der Serie oder gar zum Produzenten selbst. Zum Leidwesen der restlichen Darsteller wird es dadurch häufig zu "seiner Serie", was man auf der Mattscheibe auch gut erkennen kann.


Vitamin B. Eine wichtige Rolle wird mit einem Verwandten, Bekannten oder Bettgefährten eines Strippenziehers hinter der Kamera besetzt, ohne darauf zu achten, wie geeignet oder ungeeignet die Person für diese Rolle eigentlich ist

Kreativer Burn-Out. Der Schöpfer einer Serie ist mit seiner Situation so unzufrieden, dass er absichtlich beginnt, sein Werk zu sabotieren. Dies kann am ausufernden Fantum, dem zu starken Eingriff von außen oder privaten Sphären begründet sein.

Sendeunzeit. Die Serie wird im US-TV-Programm auf eine Zeit gelegt, die weitaus weniger attraktiv für die Zuschauer ist und somit weitere Quoteneinbußen vorprogrammiert sind. Manchmal wird eine Show sogar auf einen anderen, weniger beliebten Sender verschoben.

Musikalischer Neustart. Um einen dynamischeren Eindruck zu hinterlassen, wird auch gern das Intro einer Serie überarbeitet, um peppiger, aufregender oder gefälliger zu wirken.


Anhand dieser Kriterien wollen wir in der Folge jeden Donnerstag einmal gemeinsam untersuchen, welche Anzeichen bereits sichtbar waren und ab welchem Zeitpunkt die einzelnen Star-Trek-Serien den legendären Hai übersprungen haben. Allerdings wollen wir den Moment des Hai-Sprungs lieber an einer Folge festmachen, denn wie Hein in seinem Buch "Jumping the Shark" deutlich beweist, wirkt die alternativlose Suche nach einem ikonografischen Moment meist zu bemüht um glaubwürdig zu bleiben.

Den Anfang machen wir nächste Woche mit der Originalserie. Die einzige Serie, die aus den Betrachtungen ausgeklammert wird, ist allerdings die animierte Serie (TAS), obwohl sie bis dato die einzige ist, die jemals einen der begehrten Emmys ergattern konnte. Dennoch habe ich mich aufgrund des abweichenden Formats und der fehlenden Qualität für einen Totalverzicht entschieden – zumal Auszeichnungen wie Emmys oder Oscars bekanntermaßen nichts mit der Qualität von Serien, Filmen oder Schauspielern zu tun haben.

Doch bevor wir uns Kirk, Spock und Pille widmen, sollten wir vielleicht einleitend erst einmal eine Frage klären, die immer wieder aufs Neue die Fanseele beschäftigt:

Wann begann das allgemeine Zuschauerinteresse an der Franchise selbst zu schwinden? 

Niemand wird schließlich bestreiten können, dass die Goldenen Jahre Star Treks mittlerweile der Vergangenheit angehören und dass es irgendwo einen Punkt gab, ab dem die immense Popularität abzuflauen begann. Doch wann genau dies geschah, ist ein allgemeiner Gegenstand einer anhaltenden Diskussion unter Trekkies.

Der Moment des Hai-Sprungs: "Star Trek VIII: Der Erste Kontakt".
Nach meiner Ansicht war das entscheidende Jahr in der Star-Trek-Geschichte 1996. In diesem Jahr liefen zwei verschiedene Star-Trek-Serien über den Bildschirm, doch während der überaus erfolgreiche Reboot "The Next Generation" bereits ausgelaufen war, kämpften "Deep Space Nine" und "Voyager" gleichzeitig und in Konkurrenz zueinander gegen sinkende Quoten. Während "Deep Space Nine" mit der Integration Michael Dorns, einer überarbeiteten Titelmelodie und der Konzentration auf den telegenen Dominion-Krieg die Kurve kriegte, dümpelte Voyager in seiner zweiten Staffel antriebslos vor sich hin und durchlebte eine längere Durststrecke, in der ansprechende Drehbücher die Ausnahme bildeten und statt dessen Folgen wie "Prototyp", "Die Schwelle" oder "Das Ultimatum" die Sympathien der Zuschauer auf eine harte Probe stellten.
Und als wäre diese Belastungsprobe nicht bereits genug, markierte 1996 auch das Jahr, in dem der erfolgreichste TNG-Kinofilm überhaupt seine Premiere feierte. Der von Kritikern wie Fans gepriesene Streifen "Der Erste Kontakt" ließ nicht nur sämtliche folgenden TNG-Kinofilme alt aussehen, sondern grub als dritte treibende Kraft innerhalb der Franchise auch den beiden aktuell laufenden Serien das Wasser ab. Im Zuge dieser Dreifachbeanspruchung stellte es eine ziemlich Herausforderung dar, weiterhin den Überblick zu behalten und das Überangebot begann zusammen mit der sinkenden Qualität vieler Episoden den schleichenden Niedergang einzuleiten.



Alternative Hai-Sprünge. Allerdings kann man auch andere Fixpunkte ins Rennen schicken. Anhand eigener Überlegungen, externen Forenbeiträgen zum Thema und Befragungen von Mitgliedern der Tafelrunde kämen auch folgende Episoden als Hai-Sprung-Momente in Frage.

"Die Suche, Teil I"/ "Der Fürsorger". Nach sieben erfolgreichen Staffeln wurde die Erfolgsserie TNG 1994 eingestellt. Dennoch bedeutete dies mitnichten das Ende von Star Trek, denn mit der ersten Folge der dritten Staffel "Deep Space Nine" stand bereits längst ein Nachfolger in den Startlöchern. Doch quotentechnisch konnte der Ableger mit dem gefeierten Vorgänger nicht mithalten (sie sanken von knapp elf Millionen in der ersten Staffel auf unter fünf Millionen in der siebenten).
Deep Space Nine begann auch umgehend, mit den zuvor zart geknüpften Banden zur "Next Generation" (z.B. die Auftritte Picards, der Duras-Schwestern oder Qs) radikal zu brechen und seinen eigenen Weg zu finden. Doch der führte über einen Krieg, die Thematisierung von Religion und die unablässige Zentrierung auf eine Raumstation in Sphären hinab, die mehr und mehr der Leitidee des Star-Trek-Patrons Gene Roddenberrys widersprachen. Auch der zunehmend folgenübergreifende Erzählstil bildete einen radikalen Bruch mit den vorherigen Star-Trek-Sehgewohnheiten, die auf allein stehende Einzelepisoden ausgerichtet waren und trug ebenfalls dazu bei, dass viele Zuschauer den Anschluss verloren und sich von der Franchise und ihrer Entwicklung abwendeten.
Ein völlig anderes Bild bot sich mit dem Voyager-Pilotfilm "Der Fürsorger". Die Produzenten setzten deutlich auf Kontinuität, die sich in Themen, Handlungselementen und Mitarbeiterstab niederschlugen. Den Episodencharakter behielten sie ebenso bei wie die den beweglichen Handlungsort eines umherfliegenden Raumschiffes. Als TNG abgesetzt wurde, empfanden viele Fans Voyager als nahtlosen Übergang und bezeichneten die Serie daher zuweilen scherzhalft als "TNG, Staffel acht bis vierzehn".
Doch auch Voyager kämpfte verzweifelt gegen den Quotenteufel an. Dem Pilotfilm folgte eine lange Durststrecke an wenig kreativen oder aufgewärmten Inhalten, die Glaubwürdigkeit litt mit jeder weiteren Episode (keine Verluste innerhalb des Main Casts, kaum Versorgungsprobleme, drastisch verkürzte Reisezeit) und im direkten Vergleich zu DS9 war Voyager beinahe steril und konfliktarm.
Das Überangebot und der Mangel an wirklich frischen Ideen führte zu einer zunehmenden Ermüdung bei der Zuschauerschaft. Zusammen mit der einsetzenden TNG-Kinofilmreihe begann eine Abwärtsspirale, deren Quittung schließlich der letzten Star-Trek-Serie "Enterprise" ausgestellt wurde.
Keiner der beiden Nachfolger schaffte es also, einen adäquaten Ersatz für TNG zu bieten und Star Trek war ab diesem Punkt vielleicht noch lebendig, doch bereits auf einem absteigendem Ast.


"Zurück in die Gegenwart". Der vierte Star-Trek-Kinofilm aus dem Jahr 1986 war insbesondere für eine Reihe älterer Trekkies der Moment, an dem Star Trek unwiederbringlich kippte. Nie zuvor begleitete Merchandise in diesem Umfang einen Star-Trek-Streifen und nie zuvor war ein Film von Beginn an auf ein Massenpublikum ausgerichtet.
Anschließend sollte nichts mehr sein wie es war. Auf den Höhepunkt des Erfolges folgte bereits ein Jahr später der Fernsehstart von TNG, der Star Trek komplett umkrempeln sollte. Von nun an musste sich die liebgewonnene Originalcrew den Platz an der Sonne mit einer weiteren Besatzung teilen und die erste Staffel der neuen Serie "The Next Generation" war auch nicht unbedingt in der Lage, höheren Qualitätsansprüchen zu genügen. Danach folgte eine neue Serie auf Serie, die sich insbesondere nach dem Tod des Star-Trek-Urvaters mehr und mehr von den Idealen der ursprünglichen Serie entfernten.
Das Star Trek, wie Fans es bis dahin kannten, war mit der Reise "Zurück in die Gegenwart" endgültig zu Grabe getragen worden und für all jene, die mit der Neuauflage nichts anfagen konnten, war die Franchise damit gestorben. Allerdings müsste man das Ganze in diesem Fall wohl eher "Star Trek Jumped the Whale" nennen... 



Wie man an diesem scheinbar harmlosen Einleitungsbeispiel sehen kann, kann man dieses Thema durchaus kontrovers diskutieren. Wer also meine Sichtweise teilt, ihr widersprechen möchte oder gar ein viel besseres Beispiel parat hat, kann dies gern in den Kommentaren kundtun. Vielleicht hat bereits jetzt schon jemand konkrete Vorstellungen, wann welche Star-Trek-Serie ihren Zenit überschritten hat.
In einer Woche gibt es jedenfalls meine Gedanken darüber zu lesen, wann die Originalserie über den legendären Hai sprang. Und keine Angst: Die kommenden Artikel werden etwas umfangärmer...

Weiterführende Leseliste:

Star Trek Jumps the Shark 01: Star Trek 
Star Trek Jumps the Shark 02: TOS 
Star Trek Jumps the Shark 03: TNG
Star Trek Jumps the Shark 04: DS9
Star Trek Jumps the Shark 05: Voyager
Star Trek Jumps the Shark 06: Enterprise

4 Kommentare:

  1. Ist es nicht natürlich, dass alles irgendwann ein Ende hat? Und ist es nicht sogar gut so? Altes muss irgendwann Platz machen für neue Ideen und Konzepte. Warum also sollte nicht auch eine Serie irgendwann ein Ende finden...Keine Sorge, ich habe den Text oben nicht falsch verstanden, das waren nur meine Gedanken, als ich die ersten Zeilen deines Beitrags gelesen habe. Ist schon komisch, wofür die Amis so alles Begriffe erfinden.
    Aber gut, Deine erklärungen erscheinen plausibel, hier dann also meine Gedanken zu den ST Serien: TOS-war etwas Besonderes und erschien zu einer Zeit, als Serien noch nicht am Fließband produziert wurden, hier steht jede Episode für sich (mal gut, mal weniger gut), dieses Haidings gehört für mich nicht hier her!
    TNG-wo soll da der Zenit gewesen sein? Nee, sehe ich ähnlich wie bei TOS, wenn ich mir vorstellen würde was passiert wäre, wenn nach der 4. Staffel Schluss gewesen wäre-was wären uns für tolle Episoden entgangen!
    DSN-wird jetzt keinen wundern der mich kennt-die Serie hat mit jeder Staffel Fahrt aufgenommen und ist aber auch zu Recht mit einem großen Feuerwerk nach 7 staffeln beendet worden, genau richtig, finde ich!
    VOY-jupp, hätten die die Kazon noch weiter mit durch gezogen, hätte man den Weltraum vor lauter Haifischflossen nicht mehr gesehen. Gut das es die Borg gibt, die hatten die richtigen Argumente, um der serie wieder Leben einzuhauchen ;)
    Ent-viel zu früh abgesetzt, da war noch viel Potential nach oben, aber hier sieht man, dass in USA in erster Linie Einschaltquoten zählen, da hätten selbst die Borg nix wuppen können!
    viel schlimmer finde ich es allerdings, dass es Serien gab, die nicht einmal die Chance hatten, in die nähe irgend eines zenits zu kommen, Firefly und Babylon5 sind da wohl die prominentesten Beispiele.

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  2. Toller Bericht!
    Ich stimme da mit dem Jahr 1996 überein, dort war eine Übersättigung zu spüren - Quantität ungleich Qualität. Auch finde ich mit den neuen Filmen versuchen die Produzenten von Star Trek nicht vorhandene Innovation für anspruchsvolle, aber auch unterhaltene Geschichten mit Effektfeuerwerk zu retuschieren. Für mich sind die Abrahmsfilme die Talfahrt, weil einfach nichts mehr hängen bleibt an Botschaft – und das zeichnete für mich Star Trek bisher aus.

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    1. Ich hab auch mit mir gehadert, ob ich den Abrams-Einschnitt als tiefen Einschnitt mitaufführe, doch es wirkt immer ein wenig aufgesetzt, ihm die Schuld in die Schuhe zu schieben. Schließlich ist "Enterprise" ja bei aller Ehrlichkeit abgesetzt worden, weil die Fernsehzuschauer mit der Fernbedienung für dieses Schicksal abgestimmt haben. Das goldene Kalb wurde also definitiv schon vorher geschlachtet, und wenn man will, kann man Abrams' Schaffen als Leichenfledderung betrachten.
      Ich bin auf jeden Fall schon gespannt, ob ihr kommende Woche meine Gedanken zur Originalserie ebenfalls teilt. Das Haidings gehört dort nämlich schon hin, schließlich wurde die Serie ebenfalls wegen mangelndem Zuschauerinteresse abgesäbelt. Ab wann genau das Boot zu sinken begann, kann man am Donnerstag lesen...

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  3. Eine echte Fleißarbeit, Turon. Cool!

    Einige Anmerkungen hätte ich aber noch. :-)

    Der Autorenliebling:
    beim ersten Lesen hatte ich unter diesem Punkt etwas anderes vermutet. Ich dachte, der Autorenliebling sei derjenige Charakter, der mehr und mehr Sendezeit bekommt, weil er bei den Zuschauern gut ankommt. Irgendwann ist man dann an dem Punkt, an dem man feststellen muss, dass andere Figuren in ihrer Entwicklung völlig vernachlässigt wurden. Davon aufgeschreckt, wird dann eine Episode für den armen Vernachlässigten produziert, was inzwischen aber mehr gewollt als gekonnt aussieht. In Folge dessen gibt's dann nur noch Episoden, bei denen dann wieder die bewährten Charaktere im Mittelpunkt stehen. Eigentlich ein Teufelskreis.

    Beziehungsschwierigkeiten/ Hochzeit:
    Ich rechne es den Autoren eher hoch an, wenn sie sich entschließen Nägeln mit Köpfen zu machen und ein Paar z.B. heiraten zu lassen. "Kriegen sie sich, oder kriegen sie sich nicht?"-Geschichten sind einfacher zu erzählen, Qualität zeigt sich, wo es gelingt auch eine etablierte Beziehung für den Zuschauer spannend zu halten (und das geht), insbesondere wenn man es schafft, die Fehlerquelle "Trennungsschwierigkeiten" zu umschiffen (ansonsten hat man eine Daily-Soap ^^).

    Abkehr von der Nischenunterhaltung:
    Ich hätte es eher "Abkehr von der bisherigen Zielgruppe" genannt, aber du hast völlig recht. Anstatt sich glücklich zu schätzen, dass man eine solide (und nicht zu kleine) Fanbasis hat, wird auf Biegen und Brechen versucht neue Marktsegmente zu erschließen. Nicht selten hat man am Ende alle Zuschauer vergrault; die bisherigen Zuschauer, die ihre Serie nicht wiedererkennen und die neuen, die entgegen der Erwartungen nie eingeschaltet haben.
    Ein Star Trek fernes Beispiel: die Absetzung von Star Gate Atlantis (Zuschauer v.a. älter und weiblich, solide Einschaltquote) zugunsten von Star Gate Universe (angepeilte Zielgruppe: jung und männlich, nach zwei Staffeln eingestellt).

    Sendeunzeit:
    Besonders fatal, wenn der Sendeplatz quasi wöchentlich wechselt, ja.
    Erhobener Zeigefinger:
    hier bin ich super gespannt auf die folgenden Beispiele! :-)

    Mein größter Kritikpunkt an Star Trek wäre allerdings "Verschenktes Potenzial/ fehlender Mut":
    es wurde einfach zu oft versucht, am Ende einer Episode wieder den Ausgangsstatus herzustellen, - bloß keine permanenten Veränderungen schaffen! Im schlechtesten Fall klopfen sich die Charaktere mit einem "Dass das nochmal gut gegangen ist!" auf die Schulter und machen in der nächsten Episode die gleichen Fehler, im günstigsten Fall werden sie bei Star Trek in der letzten Einstellung nachdenklich zurück gelassen. Nur, sich in späteren Episoden an ihre zuvor gewonnenen Erkenntnisse erinnern zu dürfen, das bleibt ihnen leider verwehrt.

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